Alter Schwede! Private Equity mal anders (#8)

22. Oktober 2021 | Private Equity
Von Philipp Habdank

Mit 45 Zukäufen im ersten Halbjahr lässt der schwedische Serienkäufer Storskogen die Muskeln spielen und feiert sein milliardenschweres Börsendebüt – ohne in zehn Jahren auch nur eine einzige Firma verkauft zu haben. Lars Nottehed über die unkonventionelle Investmentstrategie.

Über 200 Zukäufe in zehn Jahren, davon allein 45 im ersten Halbjahr 2021: Der Track Record von Storskogen lässt sich sehen und kommt an der Börse gut an. Umgerechnet rund 600 Millionen Euro hat der schwedische Investor Anfang Oktober bei seinem Börsengang eingesammelt. Die Marktkapitalisierung liegt bei rund 6 Milliarden Euro.

Storskogen war damit einer der größten Börsengänge in Schweden überhaupt. Der Aktienmarkt dort läuft aktuell heiß und ist einer der erfolgreichsten Märkte in Europa. Laut Bloomberg sind allein in diesem Jahr in Schweden bereits 85 Unternehmen an die Börse gegangen und haben zusammen 6,5 Milliarden Dollar eingeworben.

Beim Gang aufs Parkett wurde Storskogen mit mehr als dem 25-Fachen des operativen Gewinns bewertet, wie Deutschlandchef Lars Nottehed heute im Podcast bei „What’s up, Corporate Finance?“ berichtet. Diese Bewertung ist gleich aus mehreren Gründen erklärungsbedürftig, weil Storskogen a) seit Gründung noch nicht einen einzigen Verkauf realisiert hat und b) seine Unternehmen laut Börsenprospekt im Schnitt nur für rund 6x Ebita einkauft.

Storskogen: Private Equity oder Industrieholding?

Höchste Zeit, dass wir uns dieses Storskogen einmal genauer anschauen. Beginnen wir mit der Frage, was das überhaupt für ein Unternehmen ist: Private-Equity-Investor? Industrieholding? Family Office? Irgendwie eine Mischung aus allem. Storskogen kauft Unternehmen in einem Tempo, das mehr an Private Equity als an träge Industrieholding erinnert. Umgekehrt fahren die Schweden eine Buy-and-Hold-Strategie, heißt: Exits sind nicht vorgesehen.

Storskogen hat auch nicht die typische Private-Equity-Investorenbasis. Die Schweden haben keinen Fonds, sie finanzieren aus der Bilanz. Die Investoren sind die Storskogen-Mitarbeiter selbst und häufig auch die alten Eigentümer der Portfoliounternehmen. Bereits vor dem Börsengang hatte Storskogen Lars zufolge bereits 1.500 Aktionäre, wovon 500 Unternehmensverkäufer oder Mitarbeiter waren.

Die Investmentstrategie von Storskogen auf einen Blick 

Die Investmentstrategie im Schnelldurchlauf: Storskogen ist im Small- und Midcap-Markt unterwegs, der für die Schweden bei Unternehmen mit 2 Millionen Euro Ebit beginnt und am oberen Ende bei 20 Millionen Euro endet. Der Investor macht ausschließlich Mehrheitsübernahmen, aber hat keinen speziellen Sektorfokus. Der Finanzierungsanlass ist in den meisten Fällen eine Nachfolgeregelung, nur in Ausnahmefällen kauft Storskogen auch von anderen Private-Equity-Investoren.

Wir können auch Firmen kaufen, die im Jahr nur ein, zwei oder drei Prozent wachsen oder eine hohe Kundenkonzentration haben.

Lars Nottehed, Deutschlandchef, Storskogen

Jede Übernahme erfolgt „All Equity“, Leverage gibt es nur auf Holdingebene. Der typische Unternehmenswert liegt Lars zufolge damit zwischen 10 und 30 Millionen Euro, kann aber auch höher sein. Die Schweden scheuen keine Auktion, arbeiten gerne mit M&A-Beratern zusammen und sind mitunter auch bereit, zweistellige Multiples zu bezahlen. Die 5,5x bis 6x Ebita aus dem Wertpapierprospekt seien Durchschnittswerte, die Multiple-Spanne insgesamt relativ groß, wie Lars betont. In Deutschland seien die Bewertungen etwas höher als in Skandinavien.

Storskogen hat 1,5 Milliarden Euro in der Kasse

Inzwischen hat Storskogen die schwedischen Grenzen überschritten. Lars zufolge beschäftigt die Gruppe inzwischen rund 80 Mitarbeiter (außerhalb der Portfoliounternehmen), die auf Stockholm, Oslo, Kopenhagen, London, Zürich und München verteilt sind. Für den Markteintritt in den deutschsprachigen Raum hat Storskogen in diesem Jahr das kleinere Schweizer Pendant Artum übernommen.

Heute haben die Schweden bereits 20 Unternehmen aus der DACH-Region im Portfolio, 15 kamen von Artum, der Rest sind neue Deals. Weitere sollen folgen, denn durch den Börsengang und eine neue Banklinie sitzen die Schweden jetzt zusammengenommen auf rund 1,5 Milliarden Euro an trockenem Pulver, das für Übernahmen zur Verfügung steht.

Was das für Unternehmen sind, warum Storskogen im Gegensatz zu Private Equity gerne auch Unternehmen kauft, die jährlich nur um 2 Prozent wachsen, warum ESG für die Schweden nicht nur ein Compliance-, sondern ein Strategiethema ist und warum er Auktionen und M&A-Berater eine tolle Sache findet – über all das und noch mehr spricht Lars Nottehed im Podcast, der wie immer auf allen gängigen Plattformen zu finden ist: Spotify, Apple, Google, Amazon. Wir wünschen viel Spaß beim Hören!

Info: Noch mehr spannende Corporate-Finance-Podcasts findet ihr in unserer Audiothek. Alles rund um Finanzinvestoren gibt’s auf der Themenseite zu Private Equity.

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