Corona und Arbeit Online-Besichtigungen stark gefragt

Abstand halten, per Telefon kommunizieren, online Objekte besichtigen: Die Immobilienwirtschaft passt sich an die Gegebenheiten an. Womöglich verändert die Digitalisierung die Kundenbeziehungen dauerhaft

 Auf Besichtigungstour mit Roboter Sam.

Auf Besichtigungstour mit Roboter Sam.

Foto: Kampmeyer Immobilien

Die Folgen der Corona-Pandemie haben natürlich auch die Arbeit der Immobilienspezialisten und das Kundenverhalten verändert. „Wir haben unseren Vertrieb angepasst und zum Beispiel Musterwohnungen filmen lassen, damit sie die Kunden zu Hause ansehen können. Wir bieten Online-Beratungen oder Video-Chats an und vereinbaren Einzeltermine für Besichtigungen. Gerade unsere Online-Angebote werden sehr stark nachgefragt“, beschreibt Nina Reiter-Mönke (Bernd Reiter Gruppe) ihre Arbeit.

Das kann natürlich keine Dauerlösung sein, sagt Bernd Meier (Hüttig & Rompf): „Das Baufinanzierungsgeschäft lebt noch sehr stark von der persönlichen Beratung. Die digitalen Möglichkeiten hätten von Anfang an sehr geholfen, „viele Beratungen haben wir per Video und natürlich per Mail und Telefon durchgeführt. Viele Kunden wollten am Ende aber doch ihren Berater persönlich sehen. Wenn die Krise also etwas Gutes hat, dann ist es die Bereitschaft der Menschen, mehr in die digitale Welt einzusteigen.“

Aktuell bremst Corona tatsächlich das Geschäft ein wenig, wie Christian Dorn (PSD Bank West) bemerkt: „Derzeit kommt es gelegentlich zu Verzögerungen auf dem Immobilienmarkt, weil Besichtigungstermine schwer zu organisieren sind. Bei manchen Finanzierungsprojekten ist es nötig, ein Gutachten zu erstellen. Doch einige Verkäufer wünschen aus Sorge vor einer Ansteckung keine Termine.“

Auf der anderen Seite steigt der Beratungsbedarf, sogar „gerade zu Beginn der Krise exorbitant“, wie Markus Gelderblom (Haus & Grund Bonn/Rhein-Sieg) feststellt, „auch wegen eines möglichen Mietenmoratoriums und damit verbundener Rechtsunsicherheit.“ Plastisch beschreibt Gelderblom die neuen Arbeitsbedingungen: „Wir mussten unsere telefonische Rechtsberatung personell ausbauen, weil wir es nicht geschafft haben, in den täglich vier Beraterstunden alle Anfragen zu beantworten. Sowas habe ich in all den Jahren noch nicht erlebt.“ Es habe viele praktische Fragen gegeben, zum Beispiel ob man jetzt noch eine Wohnungsbesichtigung durchführen dürfe oder den Schornsteinfeger ins Haus lassen müsse.

Roland Kampmeyer (Kampmeyer Immobilien) beobachtete Ähnliches: „Am Anfang war ein paar Tage eine starke Zurückhaltung zu spüren. Die Menschen mussten sich erst mal auf die Situation einstellen; dabei ging es vor allem um organisatorische Fragen. Aber dann haben Vermietungen und Verkauf relativ zügig wieder angezogen. Die Nachfrage ist weiterhin da, das Angebot auch, aber der Beratungsbedarf ist höher geworden. Wir haben unsere geplanten Umsätze in Vermietung und Verkauf realisieren können.“

Martin Venjakob (Bonava Deutschland) könnte sich vorstellen, dass sich das Beratungsgeschäft künftig verändert. Wie mit dem Home-Office entdecken viele Menschen zunehmend die Möglichkeiten der Digitalisierung. „Digitale Rundgänge werden in unserer Branche an Bedeutung gewinnen. Auch wir setzen 360-Grad-Rundgänge ein, denn das bietet im Vertrieb derzeit einen großen Mehrwert. Allerdings werden solche Mittel noch zu selten genutzt. Für die Zukunft gilt es, auch Architekten und Stadtverwaltungen in die Digitalisierung einzubinden – digitale Unterschriften sind ein großer Vorteil.“

„Eine positive Folge der Coronakrise ist es, dass die Digitalisierung einen starken Schub bekommen hat“, ist Markus Gelderblom überzeugt.

Roland Kampmeyer berichtet aus der Praxis: „Wir setzen jetzt einen Besichtigungsroboter ein. Unseren 1,70 Meter großen Roboter Sam können Sie für einen Termin buchen und mit ihm auf Distanz durch die Wohnung gehen. Seit 2011 arbeiten wir mit 360-Grad-Besichtigungen und bieten auch Livestream-Besichtigungen an. All das wird gut angenommen.“

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