FormalPara Zusammenfassung
  • Produktindividualisierung verlangt von Unternehmen, dass sie Varianz zu 100 % beherrschen und nicht nur eliminieren.

  • Die Einlastung von Aufträgen in Produktions- bzw. Dienstleistungsprozesse sollte nach dem variablen Taktprinzip erfolgen.

  • Die smarte Produktion von morgen, die sich allein auf die Lösung von komplexen Sequenzierungsaufgaben konzentriert, ist fehlgeleitet.

FormalPara Handlungsempfehlung
  • Analyse der Kompensationsinvestitionen und der Auslagerung von Prozessinhalten

  • Analyse des internen Interface zwischen Produktion und Marketing

  • Analyse des externen Interface zum Kunden

Das Toyota-Produktionssystem besagt, dass durch kontinuierliche Verbesserung (oder KVP – kontinuierlicher Verbesserungsprozess) Verschwendung eliminiert und somit operative Exzellenz erreicht wird. Ein wesentlicher Leitgedanke bei KVP ist die Eliminierung von Varianz, denn wird diese Varianz nicht beherrscht, führt sie unweigerlich zu Verlusten. So soll zum einen die Arbeitslast der Mitarbeiter so ausgeglichen werden, dass i) ein fest vorgegebener Durchschnittstakt, d. h. fixer Takt, über einen Produktionszyklus erreicht wird und zum anderen ii) Lieferanten mit einer ausgeglichenen Nachfrage, d. h. ohne große Losgrößen, der Komponenten konfrontiert werden.

Dieser Umgang mit Varianz hat zwei wesentliche Nachteile: i) geringe Produktivität und ii) geringere Flexibilität, d. h. die Unfähigkeit, innovative Produkte oder Kundenaufträge direkt nach Auftragseingang fertigen zu können.

Der Zwist zwischen Produktion und Marketing ist vorprogrammiert und bis heute nicht aufgelöst. Fendts digitale Lighthouse Fabrik (siehe World Economic Forum & McKinsey & Company 2021) verwendet daher den variablen Takt und zeigt der produzierenden Welt wie man zu 100 % Varianz beherrscht, statt sie zu vermeiden, und wie gelebte Kundenorientierung ohne Zielkonflikte zwischen Produktion und Marketing umgesetzt werden kann. Dieses Thema ist für alle Manager relevant, die sich mit smarter Produktion in einer zunehmend digitalen und kundenzentrierten Welt befassen.

In diesem Artikel beschreiben wir kurz die Wirkungsweise von variablem Takt auf die Fähigkeit, uneingeschränkt kundenorientierte Prozesse umzusetzen, d. h. ohne die Mitarbeiter mit zu hoher Arbeitslast zu überfordern oder in unnötige Prozesserweiterungen investieren zu müssen. Die konventionelle Logik besagt, dass kundenspezifische Anforderungen mit einer unbalancierten Arbeitslast und Mehrarbeit einhergehen und somit die Produktivität stark negativ beeinflussen. Dadurch entsteht ein wesentlicher Zielkonflikt zwischen dem prozessorientierten und dem marktorientierten Teil von Organisationen. Die in diesem Artikel beschriebenen Erkenntnisse basieren zum größten Teil auf dem bald im Springer-Verlag erscheinenden Buch „Variabler Takt: Mit dem VarioTakt Varianz beherrschen bei unbegrenzter Produktindividualisierung“ (mein Co-Autor ist Peter Bebersdorf, Director Manufacturing, Fendt Traktoren, Marktoberdorf; das Buch ist in Deutsch und in Englisch erhältlich) [1, 2].

Dieser Beitrag soll Managern helfen, den andauernden Zielkonflikt zwischen Marketing und Produktion nachhaltig zu überwinden. Dazu bedarf es eines Perspektivenwechsels, den wir unten ausführlich (und auch leicht überspitzt) diskutieren.

Produktivität richtig betrachtet

In vielen Unternehmen wird der fixe Takt als Herzschlag des Unternehmens angesehen: 60 min geteilt durch den Takt ergibt die Ausbringungsmenge je Stunde. Denn der Takt ist fix! Diese vermeintlich wesentliche Kennzahl – der fixe Takt – ist allen Mitarbeitern (und Lieferanten) bekannt und kennt nur eine Entwicklungsrichtung: nach unten! Was jedoch, wenn auf einmal höhere Kundenanforderungen, neue Technologien wie elektrifizierte Produkte gefertigt werden sollen oder aus Pandemie- bzw. Tarifgründen das gesamte Produktportfolio regional produziert werden muss? Durch ein verstärktes Risikomanagement werden zukünftig Produktionen, im Speziellen Montagen, eine höhere Anzahl an unterschiedlichen Produkten in regional verteilten Montagen herstellen [3]. Dann greifen Back-up-Konzepte wie parallele Linien, Matrixfertigung, Outsourcing zu Lieferanten, Vormontagen, Springer und schlimmstenfalls eine Nivellierung durch „manipuliertes“ Sequencing (kein Build-to-Order), d. h. das Ausbalancieren der Arbeitslast von Produkten in einer „Perlenkette“ durch Einfügen von Phantomaufträgen oder „virtuellen Händleraufträgen“. Alle diese Maßnahmen reduzieren die Produktivität enorm, nicht aber den Takt. Manager wüssten liebend gerne, wie man beides optimiert und nicht nur eines auf Kosten des anderen.

Die Lösung ist ein besseres Verständnis von Produktivität. Produktivität ist nämlich definiert als der Wert des Outputs geteilt durch den Wert des Inputs. Wenn nur eine Fertigungslinie gebraucht wird – Fendt montiert 10 verschiedene Modelle auf einer Fertigungslinie [5, 6] –, dann ist der Wert im Nenner sehr klein, minimal. Wenn zudem ausschließlich auftragsbasiert und ohne Einschränkung der Kundenspezifikationen produziert werden kann, dann steigt der Wert des Zählers überproportional stark an. Die Ausbringungsmenge je Zeiteinheit mit Produktivität zu verwechseln, kann zu grob irreführenden Entscheidungen führen, siehe unten.

Gibt es eine Alternative zum fixen Takt und wenn ja, wie sieht die aus?

Die Kernfrage ist: Hat Toyota nicht doch recht mit der Verwendung eines durchschnittlichen Taktes (Weighted Average Cycle/Takt Time – WACT oder WATT) für ein sich wiederholendes Produktionslos? Hier ein Beispiel: Sollen 10 Produkte A, 10 Produkte B und 10 Produkte C in einer Planperiode produziert werden, dann wird 10-mal ein Los von (1 * A, 1 * B, 1 * C) eingelastet. Ist die Produktionszeit 4 Zeiteinheiten (ZE) für Produkt A, 2 Zeiteinheiten für Produkt B und 3 Zeiteinheiten für Produkt C, dann ist der WACT = (1 * 4 + 1 * 2 + 1 * 3) / 3 = 3 Zeiteinheiten. Bei Toyota wird demzufolge alle 3 Zeiteinheiten ein zu fertigendes Produkt auf die Linie gesetzt (Auflageintervall). Man beachte, dass der erste Werker für Produkt A eine Arbeitslast von 4 Zeiteinheiten hat, das nächste Produkt B aber schon nach 3 Zeiteinheiten in seine Station eingeschleust wird. Wären die Produkte B und C nicht so ausgewählt, dann würde die Arbeitslast, über das Fertigungslos hinweg betrachtet, die Zeitkapazität des Werkers übersteigen und die Linie müsste angehalten werden. Dies bedeutet, dass bei einer stetigen Zunahme der Arbeitslast für (neue) Produkte, ein Zeitausgleich geschaffen werden muss. Und hier ist genau das Problem: Der fixe Takt zwingt das Unternehmen zu weiteren, wenig wertschöpfenden Kompensationsstrategien wie oben beschrieben.

Die ökonomisch bessere Entscheidung wäre gewesen, jedem Produkt die Arbeitszeit einzuräumen, die es benötigt, um produziert werden zu können. So wie der variable Takt bei Fendt. Bei einer starken Kundenorientierung bis hin zur Produktindividualisierung werden zudem Features vermarktet, die enorm wertstiftend für den Kunden sind und mit einer überdurchschnittlichen Marge (Technologieführerschaft) einhergehen (siehe Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Toyota setzt auf den fixen Takt, Fendt auf einen variablen Takt – bei Toyota werden Spitzen in der Arbeitslast über einen Produktzyklus „künstlich“ ausbalanciert, bei Fendt können Kundenaufträge nach dem First-in-first-out-Prinzip eingelastet werden

Versteckte Komplexitätskosten und Performanceillusionen – das hat mit Industrie 4.0 wenig gemein

Aus zwei Gründen ist der fixe Takt Gift für Unternehmen: Die Produktivität sinkt, weil es zu unnötigen Kapazitätsinvestitionen und Phantomaufträgen kommt und zudem erhebliche Zusatzinvestitionen speziell in der softwarebasierten Produktionssteuerung zur Sequenzierung der Produkte notwendig werden. Die Komplexität in Planung und Steuerung explodiert. Bei zunehmender Kundenorientierung – und bei fixem Takt – wird es im Extremfall erforderlich, Ausschleusstationen oder ganze Linien als Matrix (u. a. bei Audi oder BMW) auszugestalten. Die Vielzahl an parallelen Arbeitsplätzen sollen die Prozessflexibilität erhöhen. Die Steuerung solcher Anlagen bedingt aber eine gezielte Sequenzierung der Produkte und/oder eine extrem aufwendige Steuerung von Mitarbeitern und Material und zwar alles aufeinander abgestimmt. Jedes einzelne dieser Steuerungsprobleme gehört jedoch wegen der kombinatorischen Vielfalt von Lösungen zu den schwierigsten Optimierungsaufgaben, für die bestenfalls aufwendige Heuristiken existieren. Um diese Prozesse simultan und in Echtzeit zu koordinieren, bedarf es eines enorm hohen Aufwands und einer 100 % verlässlichen Datenqualität. So verwundert es auch nicht, dass solche Linien mittelmäßige Auslastungsgrade von 60 % haben, während Fendt bei 94 % liegt! Eine Steuerung von Personal, Material und Produkten ist viel einfacher auf einer einzelnen Linie zu realisieren. Bitte denken Sie jetzt noch einmal über Lean Management und Produktivität nach. Ahnen Sie jetzt, wohin die Reise bei mehr Kundenorientierung geht? Ja richtig, mehr Kundenkomplexität wird mit noch mehr Steuerungskomplexität gelöst. Gratulation, Sie haben gerade das Kernproblem und die falschen Versprechen komplexer Montageansätze bei fixem Takt erkannt. (Ironie aus) Trotz aller Fortschritte in den Technologien und Konzepten der Industrie 4.0 müssen Produktionssysteme geschaffen werden, die die Beherrschung der Komplexität in sich tragen – ohne sie mit noch mehr Komplexität kontrollieren zu wollen.

Was passiert eigentlich auf der Prozessebene? Muss mich das interessieren?

Wir wollen hier dazu beitragen, dass Manager die Wurzel des Übels erkennen und verstehen, warum der variable Takt wertstiftend ist und warum der fixe Takt dies nie sein kann. In Abb. 2 zeigen wir 2 Stationen in Serie, die die Produktsequenz (A, B, C) bzw. (A, A, A) oder (B, B, B) produzieren. Die Prozesszeiten sind wie oben angegeben und die Durchlaufgeschwindigkeit – z. B. eines autonomen Trägermoduls – jeder Station entspricht der maximalen Prozesszeit d. h. 4 Zeiteinheiten (Stationslänge).

Abb. 2
figure 2

Unterschiedliche Produktionsprogramme für 2 Stationen und 3 Produkte unter Verwendung des variablen Taktes

Das erste Szenario zeigt, dass das nächste Produkt erst dann eine Station erreicht, wenn der Werker die Arbeit am vorhergehenden Produkt vollständig beendet hat. Das Verhältnis von Prozesszeit und Taktzeit ist konstant (= fix) und hat den Wert 1 bzw. leicht unter 1, wenn man die mit dem Betriebsrat ausgehandelte persönliche Verweilzeit mit einbezieht. Zudem kann jeder Werker an seine Stationsgrenze zurückkehren, wo er/sie Material und Informationen für das nächste zu fertigende Produkt erhält. Wir nennen das den optimalen Versorgungspunkt. Egal, ob die Nachfrage sich aus ausschließlich aufwendigen Produkten (viel Arbeitslast/-inhalt in Szenario 2 oder spärlichen Produkten Szenario 3) zusammenstellt, können alle Prozessschritte innerhalb der Station getätigt werden und der Werker hat keine Wartezeiten noch benötigt er/sie Hilfe durch flexible Springer. Der graue und gelbe senkrechte Balken symbolisiert die nivellierte Arbeitslast der Werker. Im variablen Takt balanciert sich die Montagelinie selbst, ohne einen Steuerungseingriff.

Und was passiert bei dem fixen Takt? In Abb. 3 zeigen wir die gleichen Szenarien aus der Perspektive des fixen Taktes. Szenario 1 sieht ähnlich aus, aber der Werker kann nicht immer zu seinem optimalen Versorgungspunkt zurückkehren. Das liegt daran, dass die Produkte schneller als die Prozesszeit an seiner Stationsgrenze ankommen. Bei Szenario 2 driftet er/sie in seine/ihre Nachbarzelle ab, da die Arbeitslast die Taktzeit übersteigt. Kommt noch ein Produkt A an, dann sind alle Werker in den Folgezellen und die Linie bricht spätestens dann zusammen. Bei spärlich ausgestatteten Produkten ergeben sich entweder Wartezeiten bis zur neuen Auflegung eines Folgeproduktes oder aber die Werker laufen dem Produkt entgegen – weil sie schneller als der fixe Takt arbeiten – und auch hier kommt es unweigerlich zu einem Stopp der Linie.

Abb. 3
figure 3

Unterschiedliche Produktionsprogramme für 2 Stationen und 3 Produkte unter Verwendung des fixen Taktes

So und jetzt kommt die alles entscheidende Gretchenfrage: Soll man einen standardisierten Produktmix fertigen oder was der Kunde will? Im Fall vom variablen Takt ist die Antwort glasklar: „Alles was für den Kunden und das Unternehmen einen Mehrwert darstellt“. Im Fall des fixen Takts muss man nur in die Fabriken von heute hineinschauen und sieht welche Entscheidungen getroffen wurden.

Variabler Takt für Profis

An dieser Stelle möchten wir noch Hinweise geben, auf welche Herausforderungen man bei der Einführung des variablen Taktes treffen könnte (siehe auch die unten angegebenen Referenzen). Grundvoraussetzung ist, dass das Unternehmen über einen Vorranggraphen der Prozessschritte verfügt. Dies wird bei der Nivellierung der Arbeitslast über alle Stationen hinweg benötigt (Balancierung der Arbeitslast). Eine Balancierung der Arbeitslast bei kundenindividueller Auswahl von Optionsvarianten ist ebenfalls möglich [7]. Es hat sich gezeigt, dass es sinnvoll ist, Produkte in Taktzeitgruppen zu clustern, damit die Werker nicht für jedes einzelne Produkt einen eigenen Standardarbeitsplan abarbeiten müssen [8]. Über den variablen Takt hinaus, kann Varianz durch eine geschickte Kombination weiterer Montagekonzepte beherrscht werden. Können Kunden aus einer Vielzahl von Optionen wählen, dann kommt eine sogenannte M1-Matrix [1, 2] (punktuelle parallele Ausschleusstationen) oder eine Zyklusmontage über mehrere Stationen hinweg infrage, um hohe Arbeitsumfänge in der Linie abfangen zu können. Eine Rückintegration von Arbeitsumfängen erhöht zudem den Wirkungsgrad der Linie und maximiert die Produktivität. Damit dreht man die Kompensationsstrategien aus der Vergangenheit langsam wieder zurück. Mehr dazu finden Sie in den oben angegebenen Referenzen. Mit Design-for-Takt [1, 2] kann die Arbeitslast gleichmäßig um ein zu fertigendes Produkt herum verteilt werden. Dadurch kann Parallelarbeit ermöglicht und die Gesamtlänge einer Fertigungslinie reduziert oder beibehalten werden. Dies ist speziell für „Brownfield“-Fabriken von enormer Relevanz und signifikantem Wert.

Zusammenfassung und Ausblick: Smarte Fabriken ohne variablen Takt sind nicht zukunftsfähig

Das variable Taktprinzip ist ganz einfach zu erklären: Jeder Auftrag erhält die Taktzeit, die seiner Prozesszeit entspricht. Somit wird verhindert, dass Aufträge an Stationen überlappen. Der kumulierte Arbeitsaufwand ist bei beiden Taktarten identisch. Das Einzige, das sich ändert, ist die Ausbringungsmenge einer Fertigungslinie je Zeiteinheit. Beim fixen Takt ist diese konstant, beim variablen Takt variiert sie (temporär). Diese äußerst banale Beobachtung wird immer wieder als Hauptkritikpunkt gegen den variablen Takt angeführt, ist aber unserer Meinung nach völlig unberechtigt und ohne Aussagekraft. (Im Übrigen ist die Fertigungsdauer bei beiden Taktarten gleich lang und somit die Kennzahl Ausbringung/Zeiteinheit identisch!)

In variantenreichen Montagen ist nicht die konstant montierte Stückzahl an Produkten je Zeiteinheit entscheidend, sondern eine konstant hohe Wertschöpfung je Zeiteinheit durch eine gleichbleibende Belastung der Mitarbeiter. Der fixe Takt bringt eine konstante Stückzahl, der variable Takt eine konstante Belastung aller Mitarbeiter und bildet somit die Basis für einen kontinuierlichen Output an Wertschöpfung. Oder anders ausgedrückt: Sind viele „leichte“ Aufträge im Montageprogramm, steigt die Wertschöpfung je Zeiteinheit, da schneller produziert wird. Bei „schweren“ Aufträgen steigt ebenfalls die Wertschöpfung je Zeiteinheit, da keine Nivellierung notwendig ist. Die Arbeitslast bleibt immer gleich – die Montagelinie balanciert sich selbst. Also, wo ist das Problem? Im Umkehrschluss würde es nämlich bedeuten, dass mit „Lückenbüßern“ mehr Geld zu verdienen ist, was wir aufgrund einer empirischen Untersuchung bei Fendt klar widerlegen können [1, 2].

Kundenorientierung hat sich in der jüngsten Vergangenheit auf Qualität und standardisierte Produktbündel zu günstigen Preisen beschränkt [4]. Kundenorientierung heute bedeutet, dass i) Produkte umfangreich konfiguriert und personalisiert werden können, ii) die Einführung komplexer Produkte unabhängig von anderen Produkten in den Fertigungsprozess geschehen kann und iii) das Produktionsprogramm jederzeit und in jeder möglichen Sequenz umgeplant werden kann und zwar unabhängig von den bereits eingelasteten Produkten auf der Linie.

Der variable Takt hat mindestens die folgenden 5 Vorteile:

  • Jeder Job kommt erst dann an, wenn ein Mitarbeiter seinen aktuellen Auftrag vollständig abgeschlossen hat, nicht früher und nicht später. Es gibt also weder Wartezeiten noch ist der Einsatz von flexiblen Springern notwendig.

  • Umfangreiche Aufträge können ohne Einschränkung eingelastet werden. Die Mitarbeiter kehren nach Beendigung ihres Auftrags jeweils zu ihrem besten Versorgungspunkt mit Materialien und Informationen zurück; ein Driften findet nicht statt.

  • Es bedarf keiner komplexen Reihenfolgeplanung, d. h. Sequenzoptimierung, um die Arbeitsbelastung der Werker auszugleichen. Die Werker werden kontinuierlich mit Arbeit versorgt.

  • Der Produktmix kann jederzeit und in jeder Weise angepasst werden. Dies ist äußerst wichtig, da sich der Produktmix fast täglich ändert – und wenn es nur aufgrund der aktuellen Versorgungskrise von Rohmaterial und Komponenten, z. B. Microchips, ist.

  • Die Produktanpassung und -individualisierung unterliegt keinerlei Zykluszeit- oder Zykluslosrestriktionen. In Zeiten, in denen die Kunden direkt bei den Herstellern bestellen, z. B. in der US-Automobilindustrie, ist dies ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.

Da fast alle Fabriken in der Welt einen fixen Takt gewählt haben, aber mit unterschiedlichen Technologien und einer zunehmenden Produktindividualisierung zurechtkommen müssen, könnte dieses neue Prinzip die Produktivität steigern, eine echte Kundenorientierung ermöglichen und den Stress der Arbeitnehmer beseitigen (das Nummer-eins-Thema bei Betriebsräten). Ein auf die Marktseite erweitertes Produktionssystem repräsentiert eine sinnvolle Ergänzung des Toyota-Ansatzes und führt zur Eliminierung ganz neuer Arten der Verschwendung, u. a. dem sinnlosen Konflikt inner- und außerhalb von Organisationen bezüglich Kundenorientierung.