BILD am SONNTAG exklusiv: Bundeskanzler Scholz reist nach Kiew!

Olaf Scholz, hier an diesem Samstag bei seiner Ankunft in Sofia, will jetzt doch nach Kiew reisen.

Olaf Scholz, hier an diesem Samstag bei seiner Ankunft in Sofia, will jetzt doch nach Kiew reisen.

Foto: Michael Kappeler/dpa
Von: Angelika Hellemann und Paul Ronzheimer

Der Krieg im Osten der Ukraine wird immer schlimmer, während in der Hauptstadt Kiew über die europäische Zukunft des Landes verhandelt wird.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63) traf am Samstag dort ein. Sie sprach mit Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) über den Antrag der Ukraine auf EU-Mitgliedschaft.

Die Kommission wird in den nächsten Tagen ihre Empfehlung veröffentlichen, ob die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten erhält. Es war bereits von der Leyens zweiter Besuch in Kiew, seit Russen-Diktator Wladimir Putin das Nachbarland überfallen hat.

Und was macht der Kanzler? Olaf Scholz (63, SPD) reiste am Freitag und Samstag durch den Westbalkan. Denn Scholz findet: Alle sechs Länder (Kosovo, Serbien, Albanien, Nordmazedonien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina) gehören in die EU. Damit will Scholz verhindern, dass Putin in der Region zündelt und dort weiter an Einfluss gewinnt.

Olaf Scholz auf Balkan-Tour – hier mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic (52)

Olaf Scholz auf Balkan-Tour – hier mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic (52)

Foto: Michael Kappeler/dpa

Westbalkan statt Ukraine? Seit Wochen gibt es harsche Kritik, dass Scholz seit Kriegsbeginn vor 109 Tagen NICHT in die Ukraine gereist ist.

Doch jetzt gibt es nach Informationen von BILD am SONNTAG aus französischen und ukrainischen Regierungskreisen konkrete Reisepläne: Der Kanzler plant noch vor dem G7-Gipfel Ende Juni eine gemeinsame Reise mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron (44) und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi (74).

Schon länger sollen Paris und Berlin über einen gemeinsamen Kiew-Besuch verhandelt haben. Nach BamS-Informationen wollte Macron aber erst nach den französischen Parlamentswahlen (finden morgen statt) fahren. Als Dritten im Bunde den italienischen Regierungschef mitzunehmen, soll eine Idee aus Frankreich gewesen sein.

Scholz, Macron und Draghi wollen mit ihrer Reise ein Zeichen der europäischen Einigkeit setzen.

Demnächst in Kiew: Scholz, Macron und Draghi – hier mit dem britischen Premier Boris Johnson (2.v.l.) beim G7-Gipfel im März

Demnächst in Kiew: Scholz, Macron und Draghi – hier mit dem britischen Premier Boris Johnson (2.v.l.) beim G7-Gipfel im März

Foto: POOL/REUTERS

Brisanter Zeitpunkt der Reise

Von der Leyen hat sich bislang für einen EU-Beitritt der Ukraine stark gemacht. Ob Scholz und Macron Kiew dabei auch unterstützen, ist offen. Macron brachte eine Zusammenarbeit ohne Mitgliedschaft ins Spiel. Scholz will sich vor der Empfehlung der EU-Kommission nicht äußern.

Der Besuch von Scholz, Macron und Draghi kommt zu einem brisanten Zeitpunkt: Die Ukraine droht im Osten des Landes weitere Gebiete zu verlieren, im Donbass ist die russische Armee auf dem Vormarsch. Laut ukrainischem Verteidigungsministerium geht den Ukrainern dort die Munition aus. Offen ist, ob Deutschland, Frankreich und Italien weitere Waffenlieferungen im Gepäck haben.

Scholz hatte bislang angekündigt, dass er Kiew nur dann besuchen will, wenn es auch einen Grund gebe: „Ich werde mich nicht einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin was machen. Sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge.“

Die ganze Ukraine hofft jetzt, dass Scholz, Macron und Draghi endlich Hilfe bringen – mit mehr Waffen und bei der EU-Mitgliedschaft.

Kritik an Scholz und Macron

Das Waffenthema ist aber nicht das einzig Heikle bei dem bevorstehenden Besuch: Insbesondere Scholz und Macron stehen in der Kritik, weil sie weiterhin auch Kontakt zu Russlands Präsident Wladimir Putin halten.

Deutliche Worte, die weltweit Schlagzeilen machten: Polens Präsident Duda im Gespräch mit BILD-Vize Paul Ronzheimer

Deutliche Worte, die weltweit Schlagzeilen machten: Polens Präsident Duda im Gespräch mit BILD-Vize Paul Ronzheimer

Foto: Giorgos Moutafis

Polens Präsident Andrzej Duda hatte im BILD-Interview kritisiert: „Ich bin erstaunt über diese ganzen Gespräche, die geführt werden mit Putin im Moment von Kanzler Scholz und von Präsident Macron. Diese Gespräche bringen nichts. Sie bewirken nur eine Legitimierung eines Menschen, der verantwortlich ist für Verbrechen, die von der russischen Armee in der Ukraine begangen werden.“ Und weiter: „Hat jemand so mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg gesprochen?“

Der bevorstehende Besuch von gleich drei europäischen Regierungschefs wird ganz sicher in ganz Europa aufmerksam verfolgt…

Unterdessen erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Videoansprache auf dem Shangri-La-Dialog, einem wichtigen jährlichen Sicherheitsgipfel in Singapur, es sei „zu spät“, Russland zur Beendigung seiner Invasion zu überreden und dass es nun an der Welt liege, Russland „in die Schranken zu weisen“. Es gebe keine „Grauzone“ mehr, wenn es darum gehe, entweder die Ukraine oder Russland zu unterstützen. „Wenn Sie jetzt für den Frieden sind, dann unterstützen Sie die Ukraine. Wenn Sie diesen Krieg unterstützen, dann müssen Sie sich mit der Russischen Föderation verständigen. Das ist alles“, zitiert die Agentur Interfax Selenskyj.

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