Bischof Overbeck warnt vor Ideologien

Grundsätzliche Veränderung statt Abwehr

Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck hat vor allzu einfachen Antworten auf die aktuellen Krisen in Gesellschaft und Kirche gewarnt. Es brauche stattdessen die Fähigkeit zum Dialog und zu einer "konstruktiven Konfliktkultur".

Bischof Overbeck leitet Gottesdienst zur Eröffnung des Landtagsjahres / © Henning Schoon (KNA)
Bischof Overbeck leitet Gottesdienst zur Eröffnung des Landtagsjahres / © Henning Schoon ( KNA )

Overbeck leitete am Dienstag einen Gottesdienst in der Düsseldorfer Maxkirche vor Vertretern von Politik und Gesellschaft. Bei Misstrauen in die demokratischen und rechtsstaatlichen Institutionen stelle sich die Frage, "wie wir denn noch zusammenleben wollen, wenn wir einander nicht mehr vertrauen und selbst in grundlegenden Fragen keine Verständigung mehr finden", so Overbeck laut Redemanuskript. 

"Kirche darf Auseinandersetzung mit Despoten nicht scheuen"

Christen müssten dabei das Wohl aller Menschen im Blick behalten. Sie dürften die "Auseinandersetzungen mit den diversen Despoten und Ideologen dieser Welt nicht scheuen, mit den Verschwörungstheoretikern und denen, die der Vernunft abschwören und gefährlichen Illusionen als Heilsversprechen vertrauen".

Bistum Essen

Das Bistum Essen ist eines der jüngsten und kleinsten unter den 27 römisch-katholischen Bistümern in Deutschland. Auch in Nordrhein-Westfalen ist es mit 1.877 Quadratkilometern und knapp 680.000 Mitgliedern das kleinste Bistum.

Es wurde am 1. Januar 1958 aus Teilen der (Erz-)Bistümer Köln, Münster und Paderborn errichtet; damals zählte die Diözese noch rund 1,5 Millionen Mitglieder.

Blick auf den Essener Dom / © frantic00 (shutterstock)

Kirche in "existenzieller Krise"

Wegen des Missbrauchsskandals befinde sich die Kirche in einer "existenziellen Krise", so der Ruhrbischof. "Abscheuliche Taten sexueller Gewalt und geistlichen Missbrauchs, aber auch viele andere Leiderfahrungen, fordern heute zu einer neuen Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Anerkennung von Schwäche."

Dieses "schreckliche Unheil" verlange nach grundsätzlicher Veränderung. Es helfe nicht, wenn die Kirche auf den Unmut vieler Gläubiger abwehrend reagiere: "Hier zeigen sich eher die Ängste vor Veränderungen, die zugleich auch einen Schmerz über so manche Bewegungslosigkeit und Arroganz in sich birgt."

Bischof Overbeck mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst / © Henning Schoon (KNA)
Bischof Overbeck mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst / © Henning Schoon ( KNA )

"Alte Strukturen sind nicht wieder herstellbar"

Die Kirche sei in ihrer sakramentalen Gestalt "regelrecht bedroht", sagte Overbeck. Sinkende Zahlen von Priestern und pastoralen Mitarbeitenden seien ein alarmierendes Zeichen. "Sich deswegen die alten Strukturen wieder herbeizuwünschen, ist keine Lösung. Sie sind nicht wieder herstellbar!"

Kirchliche Angebote erwiesen sich als ungenügsam und erreichten die meisten Menschen nicht mehr. Es stimme ihn zugleich hoffnungsfroh als auch nachdenklich, dass Menschen weiterhin nach spirituellen Antworten suchten - jedoch oftmals außerhalb der Kirche. 

Zu dem Gottesdienst mit dem Ruhrbischof hatte der Beauftragte der katholischen Kirche bei Landtag und Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Antonius Hamers, im Rahmen eines Jahresempfangs eingeladen. Zu den Teilnehmern gehörten Landtagspräsident Andre Kuper sowie Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Zudem waren die Minister Karl-Josef Laumann und Stephan Holthoff-Pförtner dabei (alle CDU). Der sonst anschließende Jahresempfang fiel pandemiebedingt aus.

Quelle:
KNA