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Homöotpathie: Mit Kügelchen gegen die Seuche

Foto: Gethin Chamberlain /eyevine

Homöopathie Liberia verhindert Tests an Ebola-Patienten

Die Behörden in Liberia haben ein Team homöopathischer Ärzte daran gehindert, Ebola-Patienten zu behandeln. Die vier Mediziner, darunter die deutsche Ortrud Lindemann, wollten ihre unbewiesene Heilmethode an Infizierten testen.

Monrovia - Der Ärzteverband "Liga Medicorum Homoeopathica Internationalis" (LMHI) hat nach eigenen Angaben eine Delegation homöopathischer Ärzte ins Katastrophengebiet nach Liberia geschickt, um Infizierte mit Globuli zu behandeln. "Wir sind gesegnet mit 110 Mitteln in drei bis vierfacher Potenz", schrieb Ortrud Lindemann, eine der entsandten Ärztinnen, in einer E-Mail am 19. Oktober aus Liberias Hauptstadt Monrovia.

Der Trip wurde nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen maßgeblich von deutschen Homöopathen organisiert und finanziert. Zu den Unterstützern gehörten die Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins Homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), Cornelia Bajic und ihr Vorgänger Curt Kösters. Kösters teilt auf Anfrage mit, dass es darum ging zu testen, ob Ebola-Patienten mit homöopathischen Präparaten geholfen werden kann. Schließlich gebe es keine wirksame konventionelle Therapie. "Das wäre doch die perfekte Situation, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu beweisen", sagt Kösters.

Medizinisch ist das Vorhaben mehr als fragwürdig. Die meisten Wissenschaftler halten es längst für erwiesen, dass Homöopathie nicht funktioniert und ihre Wirkung auf Einbildung basiert. Auf Anfrage teilt Ortrud Lindemann mit, sie sei die Teamleiterin der Mission gewesen. In der E-Mail aus Monrovia schreibt sie: "Wir sind dazu bestimmt, dem Volk Liberias zu helfen im Kampf gegen Ebola mit homöopathischen Mitteln."

Konsul erteilte Genehmigung

Michael Kölsch, ein in Leipzig lebender Honorarkonsul Liberias, machte sich in Berlin für eine schnelle Visa-Erteilung für Lindemann stark und organisierte einen Termin bei der Botschafterin Liberias. "Ich hatte keine Probleme damit, die Mission zu unterstützen", sagt Kölsch SPIEGEL ONLINE. "Ich denke, dass gerade die afrikanische Bevölkerung offen ist für alternative, sanfte Heilmethoden und insofern die Homöopathie nach Afrika eigentlich ganz gut passen könnte." Der Honorarkonsul selbst ist mit der Schatzmeisterin des DZVhÄ, Monika Kölsch, verheiratet.

Der Leipziger Verein "Freunde Liberias", nach eigenem Verständnis eine Unterstützergruppe von Honorarkonsul Kölsch, sammelte über seine Homepage Geld für die Ärztemission, allerdings ohne dabei zu erwähnen, dass es sich um Homöopathen handelt. Mit den eingeworbenen Spenden wurden nach Angaben des Vereinsvorsitzenden Thomas Köppig die Flüge der Ärzte nach Liberia bezahlt.

Zutritt verwehrt

Gemeinsam mit den homöopathischen Kollegen Richard Hiltner (USA), Edourad Broussalian (Schweiz) und Medha Durge (Indien) hielt sich Lindemann vom 17. Oktober bis 7. November in Liberia auf. Als die vier das Ganta United Methodist Hospital im Osten des Landes allerdings erreichten, untersagten Regierungsmitarbeiter ihnen, Ebola-Patienten homöopathisch zu behandeln, weil dies unvereinbar sei mit den WHO-Vorgaben. "Die Hilfe wurde uns von bestimmten Menschen untersagt, die mit der Regierung in enger Zusammenarbeit stehen", sagt Lindemann, "mehr möchte ich dazu nicht sagen."

Auf Anfrage sagt Lindemann, sie sei nicht enttäuscht, dass man ihr den Zutritt zu Ebola-Patienten verwehrt habe, schließlich hätten sie zahlreiche andere Patienten erfolgreich behandeln können: „Wir alle waren begeistert, was wir dort tun konnten und wie wir dem Krankenhaus in einer Krisensituation zur Seite stehen konnten."

Nach Angaben des ehemaligen DZVhÄ-Vorsitzenden Curt Kösters gibt es Überlegungen, trotz des ersten Misserfolgs ein zweites Team nach Liberia schicken. Aber das hänge jetzt natürlich davon ab, ob es von den Behörden dort auch gewünscht sei. "Ich frage mich, wovor die eigentlich Angst haben", sagt Kösters.

Ortrud Lindemann ist inzwischen wieder nach Spanien zurückgekehrt, wo sie in der Nähe von Barcelona eine Praxis betreibt. Sie behandle auch schon wieder Patienten, sagt sie am Telefon. Allerdings habe sie die Auflage, 21 Tage lang selbst ihre Temperatur zu messen und auffällige Symptome zu notieren. Bisher gehe es allen vier Ärzten aber gut.


Gegendarstellung

Im Angebot www.spiegel.de wird im Artikel "Liberia verhindert Tests an Ebola-Patienten" vom 24.11.2014 berichtet, Behörden in Liberia hätten ein Team homöopathischer Ärzte daran gehindert, Ebola-Patienten zu behandeln. Dazu heißt es:

"Kösters teilt auf Anfrage mit, dass es darum ging zu testen, ob Ebola-Patienten mit homöopathischen Präparaten geholfen werden kann."

Hierzu stelle ich fest: Von einem Test habe ich nicht gesprochen; ich habe vielmehr gesagt, dass es darum ging, Ebola-Patienten nach den Regeln der WHO zu behandeln und ihnen zusätzlich eine homöopathische Therapie anzubieten.

Ferner werde ich wie folgt zitiert: "Das wäre doch die perfekte Situation, um die Wirksamkeit der Homöopathie zu beweisen."

Hierzu stelle ich fest, dass ich mich wie folgt geäußert habe: "Das wäre doch" - für die Gegenseite - "die perfekte Situation, um die Unwirksamkeit der Homöopathie zu beweisen."

Hamburg, 27.11.2014

Curt Kösters

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Foto: Foto: Alex Duval Smith/ DPA

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