Zum Inhalt springen

Einigung im Düngestreit So will Deutschland die Gewässer besser vor Nitrat schützen

Von deutschen Feldern gelangt zu viel Dünger ins Grundwasser, mahnt die EU schon lange. Jetzt hat die Bundesregierung Ideen für sauberere Gewässer präsentiert - doch diese stoßen auf Kritik.
Bauer beim Düngen eines Feldes (Archivbild)

Bauer beim Düngen eines Feldes (Archivbild)

Foto: Marius Schwarz/ imago images

Bauern müssen beim Düngen ihrer Felder in Zukunft noch genauer hinsehen. Denn der Schutz des Grundwassers wird noch einmal verschärft. So will die Bundesregierung drohende EU-Strafzahlungen wegen zu hoher Nitratwerte in Gewässern verhindern.

Unter dem Druck der EU hatte sich Umwelt- und Landwirtschaftsministerium nach langen Diskussionen erst kürzlich auf zusätzliche Vorschläge geeinigt, die nun in Brüssel vorgelegt werden. Demnach sollen beispielweise die zulässigen Düngemengen in stark nitratgefährdeten Gebieten um 20 Prozent reduziert werden. Wie man das schaffen will, wurde nun bekanntgegeben.

Das sind die Maßnahmen:

  • In den Regionen mit besonders hohen Nitratwerten (roten Gebieten) soll die Reduzierung um durchschnittlich 20 Prozent pro Betrieb mit einer Obergrenze von 170 Kilogramm des Pflanzennährstoffs Stickstoff je Hektar erreicht werden. Die Betriebe sollen selbst entscheiden, auf welchen Flächen sie stärker oder weniger düngen wollen.
  • Schonphasen für die Böden. Sperrzeiten, in denen das Düngen in belasteten Gebieten nicht erlaubt ist, werden auf bis zu vier Wochen verlängert.
  • Größere Abstände zu Gewässern beim Düngen in Hanglagen. Denn hier ist die Gefahr besonders groß, dass stickstoffhaltige Böden ausgeschwemmt und in die Gewässer gespült werden.
  • Ausnahmen für schonend wirtschaftende Betriebe und Ökobauern, die so nachhaltig düngen, dass sie nicht zur Gewässerbelastung beitragen.
  • Eine Herbstdüngung von Raps soll ausnahmsweise möglich sein, wenn mit einer Bodenprobe ein Düngebedarf nachgewiesen werden kann.

Die Vorschläge werden nun an die Europäische Kommission gesendet. Sie hat sechs Wochen Zeit, die Maßnahmen zu beurteilen und zu entscheiden, ob sie die europäische Nitratrichtlinie erfüllen. Den geplanten Änderungen der Düngeverordnung muss dann in Deutschland noch der Bundesrat zustimmen.

Die EU-Kommission hatte Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser verklagt und 2018 beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) Recht bekommen. Das Urteil bezog sich zwar noch auf ältere Düngeregeln. Die erst 2017 geänderten Vorgaben müssen nun aber weiter verschärft werden, ansonsten könnten hohe Strafzahlungen von mehr als 800.000 Euro pro Tag drohen.

Das Düngen mit Gülle ist eine Hauptursache für die hohen Werte. Denn überschüssiger Stickstoff bleibt im Boden zurück. Er ist zwar ein wichtiger Pflanzennährstoff. Aber er wird beispielsweise von Bakterien in Nitrat umgewandelt. Die Substanz ist eine chemische Verbindung aus Stickstoff und Sauerstoff, sie sickert ins Grundwasser oder wird in Flüsse und Seen gespült. Zu viel Nitrat im Grundwasser ist problematisch. Denn um die Verbraucher vor zu hohen Dosen zu schützen, verteuert sich die Trinkwasseraufbereitung durch verbesserte Technik.

Beim Deutschen Bauernverband (DBV) stieß die geplante Änderung auf Kritik. "Diese weitreichenden Vorgaben stellen viele Betriebe vor nicht lösbare Aufgaben und setzten betriebliche Existenzen aufs Spiel", warnte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Durch eine pauschale Kürzung der Düngung um 20 Prozent in nitratsensiblen Gebieten werde "das Grundprinzip der Bedarfsdeckung landwirtschaftlicher Kulturen mit Nährstoffen" verlassen.

Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) betonte, dass die Bauern durch Bund und Länder dabei unterstützt werden könnten, die schärferen Düngevorgaben zu bewältigen. Dazu gehörten unter anderem Investitionsförderungen, die Entwicklung neuer Techniken und eine stärkere Beratung für eine an die Entwicklung der Tiere angepasste Fütterung.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), dessen Mitglieder rund 90 Prozent aller Bundesbürger mit Trinkwasser versorgen, sieht eine Mangel vor allem bei den Kontrollen. "Aus Sicht der Wasserwirtschaft ist zweifelhaft, ob wir die Ziele erreichen werden", sagte VKU-Vizepräsident Karsten Specht.

Die vorgestellten Beschränkungen würden wirkungslos sein, solange die zuständigen Kontrollbehörden diese nicht überprüfen könnten. "Deswegen fordern wir die Einführung eines deutschlandweit transparenten Düngesystems mit digitaler Datenübermittlung", sagte er dem SPIEGEL. Zudem bemängelte Specht, dass der Vorschlag Raum für Schlupflöcher biete, da er zahlreiche Ausnahmen beinhalte.

joe/dpa/AFP
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.