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Analyse zu TalibanAl-Qaida ist längst zurück am Hindukusch

Taliban-Kämpfer patrouillierten im Viertel Wazir Akbar Khan in Kabul, wenige Tage nach der Einnahme von Afghanistan am 15. August 2021. 

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Die Taliban haben ein Reputationsproblem. Das war jedem klar, wahrscheinlich auch der sogenannten Regierung des «Islamischen Emirats Afghanistan» selbst und vielleicht sogar den Schlaueren unter ihren Kriegern. Missachtung der Frauenrechte, Gewalt gegen Regimegegner und Mitarbeiter der früheren Regierung, das und vieles mehr haben die Vereinten Nationen dem «Islamischen Emirat» gerade erst wieder vorgehalten.

Dass die Führer des Emirats in absehbarer Zeit von der Weltgemeinschaft als rechtmässige Regierung Afghanistans anerkannt werden, war also schon vor diesem Wochenende eher unwahrscheinlich. Nachdem die CIA nun aber den Al-Qaida-Führer Ayman al-Zawahri in Kabul aufgespürt und mit einer Drohne getötet hat, wird sich keiner der Taliban mehr Illusionen machen. 

Die Verantwortung tragen die Kabuler Milizenchefs selbst. Die angeblich geläuterten Reform-Taliban, die bei den Verhandlungen mit den Amerikanern in Katar das freundliche Gesicht der Kriegertruppe waren und manchem Diplomaten Hoffnung auf die Taliban 2.0 gemacht hatten, haben schlicht nichts zu sagen in der Führung. Der religiöse Führer, seine wichtigsten Minister und die vielen öffentlich nicht in Erscheinung tretenden Hintermänner und Stammesführer müssen gewusst haben, dass der alternde Jihadist Zawahri mit seiner Familie in einem Kabuler Villenviertel lebte. Zumal auf dem Gelände offenbar auch ein paar wichtige Taliban-Führer wohnen.

Ihr Denken unterscheidet sich kaum von der Al-Qaida-Ideologie

Die Regierung des Emirats müsste nun also erklären, warum sie die mit den USA getroffenen Absprachen gebrochen hat: Die ausländischen Truppen ziehen ab, Afghanistan beherbergt dafür keine Terroristen mehr. Aber warum sollten die Islamisten erklären, was manche ohnehin längst gewusst haben: Al-Qaida ist zurück am Hindukusch. Die UNO hatte im Juni gewarnt, dass wichtige Terrorkader im Land seien. Diese Al-Qaida-Anhänger träumten weiter vom globalen Jihad, genössen in Afghanistan nun Bewegungsfreiheit. Die einst von Osama Bin Laden gegründete al-Qaida könne in ein, zwei Jahren in der Lage sein, neue Anschläge rund um die Welt zu planen. 

Warum die Taliban dieses Terrortreiben nicht unterbinden? Weil sie nicht wollen. Ihr Denken unterscheidet sich kaum von der Al-Qaida-Ideologie: eine verzerrte, versimpelte Auslegung des Islam. Die Religion wird auf die Scharia beschränkt, der Jihad als Gotteskrieg gegen alle Nichtmuslime gepredigt. Dazu kommen enge persönliche Bindungen. Die Taliban haben jahrelang mit den Al-Qaida-Leuten gemeinsam gekämpft, oft genug ihre Söhne und Töchter miteinander verheiratet. 

Männer wie der Kabuler Innenminister Sirajuddin Haqqani, der den tonangebenden Taliban-Flügel führt, waren schon zu Bin Ladens Lebenszeiten mit al-Qaida verbunden. Das Haqqani-Netzwerk aus dem Osten Afghanistans hat die brutalsten Attentate im 20-jährigen Krieg gegen die US-Armee und die Kabuler Regierung verübt. Einer wie der Haqqani-Chef betrachtet einen Mann wie Zawahri als respektierten Gast, Vorbild, Weggefährten und nützlichen Verbindungsmann. Der Al-Qaida-Chef war einer der Vordenker des weltweiten Terrorkriegs. Ein Stratege des Selbstmordattentats, einer der Verantwortlichen für den 11. September. So ein Mann wird im Taliban-Kabul offenbar nicht als Belastung gesehen, sondern als Gewinn.