WiWo Top-Kanzleien Dort eintreiben, wo das Geld rausgeworfen wurde

Unvergessen: Bei den Karstadt-Warenhäusern hatte der Aufsichtsrat von Arcandor gepatzt. Und es dem Insolvenzverwalter so ermöglicht, mit einer Schadensersatzforderung die Summe für Gläubiger zu steigern Quelle: Laif/Jesco Denzel

Insolvenzverwalter haben einen neuen Weg entdeckt, um die Gläubiger doch noch zu bedienen. Sie zapfen die üppigen Versicherungen für Managerhaftung an. Und zwar auch für Fehler, die viele Jahre zurückliegen.

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Hätte Insolvenzverwalter Hans-Gerd Jauch von der Kanzlei Görg getan, was die meisten seiner Kollegen lange taten, hätten sechs ehemalige Aufsichtsräte von Arcandor heute eine Sorge weniger. Aber die Gläubiger des Handelskonzerns, der 2009 pleitegegangen war, hätten auch so einiges an Geld nie gesehen. Früher nämlich sichteten Insolvenzverwalter meist schnell, welche Gebühren für Versicherungen gegen Managementfehler das Unternehmen zahlen muss – und kündigten die Verträge.

Damit kein Geld aus der Firma fließt und die Vermögensmasse für die Gläubiger nicht weiter schrumpft. Dies aber erwies sich als kurzsichtig. „Solche Policen sind für Insolvenzverwalter wie ein ganz großer Geldschein“, sagt Marcel Braun, Chef von Hendricks, einem Versicherungsmakler für Managerhaftung.

Jauch hatte das früh erkannt: Die Vorstände von Arcandor, so erzählt Kim Lars Mehrbrey, Prozessanwalt bei der Kanzlei Hogan Lovells, hatten die Karstadt-Warenhäuser deutlich unter Marktwert an einen Fonds verkauft und zu überhöhten Preisen zurückgemietet, urteilten die Richter.

Der Aufsichtsrat, der in der Kontrollpflicht stand, hatte versagt. Er hätte den Verkauf samt Rückmietung der Kaufhäuser verhindern müssen, tat aber nichts – und versäumte es später, als immer klarer wurde, welch ein Fehler das war, die Vorstände auf Schadensersatz zu verklagen. Als Jauch dann vor zwölf Jahren als Insolvenzverwalter antrat, wandte er sich an die Aufsichtsräte, weil sie die Forderung gegen die Vorstände hatten verjähren lassen.

„So wird der Managementfehler zum Fehler der Kontrolleure“, sagt Braun. Das Oberlandesgericht Hamm verurteilte die Arcandor-Aufsichtsräte im vergangenen April zu 28 Millionen Euro Schadensersatz. Weil das Verfahren so lange lief, waren samt Zinsen sogar 53 Millionen Euro daraus geworden. Eine üppige Summe, mit der Jauch Forderungen der Gläubiger begleichen konnte.

Insolvenz
Rekons

Und so tun es ihm inzwischen einige Insolvenzverwalter gleich. Um an die Versicherungssumme zu kommen, fordern sie von den Top-Managern einen bestimmten Betrag, meist ziemlich genau den der Versicherungssumme, als Ersatz für den angerichteten Schaden – mit einer Frist von zwei Wochen.

„Im Aufspüren möglicher Managementfehler sind Insolvenzverwalter sehr findig“, so die Beobachtung von Braun. Am häufigsten werfen sie Managern Fehler im Controlling oder Finanzierungslücken vor, aber auch falsche Produktplanung, zu geringe strategische Reflexion, Fehlinvestitionen, mitunter gar eine zu autoritäre Führung. Dann geht der Streit meist vor Gericht. Jede fünfte Forderung aus einer Police zur Managerhaftung, so schätzt Braun, komme derzeit von einem Insolvenzverwalter.

Zur Methode

„Sie können besonders hartnäckig dran bleiben“, sagt Insolvenzverwalter Malte Köster von WillmerKöster. Schließlich bräuchten sie nicht mehr abzuwägen, ob der Imageschaden fürs Unternehmen womöglich höher wäre.

Die spektakulärste Summe holte Insolvenzverwalter Michael Frege von CMS nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers für die deutschen Gläubiger raus: 15 Milliarden Euro.

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Allerdings scheiterten Frege und sein Kollege Joachim Kühne im Fall Neckermann vergangenes Jahr mit einer ähnlichen Klage gegen den Versicherer AIG über 19 Millionen Euro. Das Gericht sah keinen Fehler, den die Manager neun Jahre zuvor gemacht haben sollten.

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