Wirtschaft im Weitwinkel

Wohin mit dem Geld im Niedrigzinsumfeld?

Für Sparer sind die niedrigen Zinsen ein Graus. Auf dem Konto wird das Geld weniger, weil die Gebühren die Mini-Zinsen meist übersteigen. Und nach Abzug der Inflation ist der Wertverlust noch größer. Was tun?

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Bundesanleihen gelten mit einer Laufzeit von zehn Jahren europaweit als Referenzanlage unter den festverzinslichen Wertpapieren. Derzeit notieren sie mit einer leicht negativen Rendite. Zieht man die moderate Inflation ab, ergibt sich eine negative Realverzinsung von 1,4 Prozent. Hochgerechnet auf zehn Jahre vernichten Sparer so rund 14% ihres in Bundesanleihen investierten Vermögens.

Doch nicht nur der deutsche Anleihemarkt weist eine negative Realrendite auf. Unter den größten 30 Staatsanleihemärkten der Welt verlieren Anleger derzeit auf rund der Hälfte der Märkte nach Abzug der Inflation Geld. Bei Unternehmensanleihen sieht es nicht besser aus. Wer eine auskömmliche Rendite sucht, wird an den Anleihemärkten kaum noch fündig. Mit Ausnahme der USA: Dort rentieren Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit mit 2,1 Prozent und auch Unternehmensanleihen werfen etwas mehr ab als in Europa. Allerdings geht man mit Anlagen in den Vereinigten Staaten ein Währungsrisiko ein, das den Zinsertrag schnell zunichtemachen kann.

Abseits des Anleihesegments sieht es nicht viel besser aus. Immobilien sind sehr teuer und auch an den Aktienmärkten liegt die Bewertung etwas über den historischen Durchschnittswerten. Es darf nicht viel schiefgehen, sonst werden die ohnehin spärlichen Ertragserwartungen noch verfehlt. Es sei denn, der Atem der Anleger ist lang genug, um mögliche Kursrücksetzer auszuhalten. Dreh- und Angelpunkt in den kommenden zwölf Monaten bleiben für die Aktionäre die hohen Dividendenausschüttungen (Dax: 3,4 Prozent, Euro Stoxx: 50 3,8 Prozent). Sie gewinnen im Umfeld schwach wachsender Unternehmensgewinne an Bedeutung. Anleger erhalten dank Dividende ein fixes Einkommen, das die Verzinsung von Anleihen so deutlich wie seit langer Zeit nicht mehr übersteigt. Zumindest wird damit das Warten auf bessere konjunkturelle Zeiten entschädigt.

Für die kommenden Jahre ist kaum zu erwarten, dass sich an dem Bild niedriger Renditeerwartungen etwas grundlegend ändert. Die viel zitierten „japanischen Verhältnisse“ – eine Mischung aus hoher Staatsverschuldung, Nullzinsen, einer alternden Gesellschaft und einem niedrigen Wirtschaftswachstum – fordern Politikern und Notenbankern einiges ab. Da ist es verlockend, die Zinsen einfach niedrig zu halten.

Dieser Tage ist ersichtlich: Die Höhe des allgemeinen Zinsniveaus wirkt auf die Preise von Vermögensanlagen – darunter Aktien und Immobilien – wie die Gravitation auf Menschen: Je niedriger die Zinsen, desto höher die Assetpreise und umgekehrt. Die Notenbanken bleiben wohl noch bis Ende der 2020er-Jahre und möglicherweise auch darüber hinaus sehr expansiv. Das hilft den Unternehmen und damit auch den Aktienkursen. Dies wiederum können Anleger zu ihrem Vorteil nutzen, allerdings ist Geduld gefragt.

Der übermäßige Fokus von Aktieninvestoren auf die Zinspolitik der großen Notenbanken ist dem eigenen Anlageerfolg abträglich. EZB-Chefs wie Duisenberg, Trichet und Draghi kommen und gehen. Anleger bleiben, ebenso Unternehmen wie Daimler, BASF und Allianz. Und ein erfolgreiches Unternehmen wie Adidas oder Amazon baut Werte auf. Deren Gründer hatten langfristige unternehmerische Visionen – möglicherweise haben sie nie auf die Umlaufrendite von Anleihen geachtet.

Ob eine Aktie gekauft wird, sollte bestimmt sein vom Verständnis des Geschäftsmodells eines Unternehmens, der Qualität des Managements und dem Preis, also dem Aktienkurs. Wo die Zinsen stehen, ist dann meist irrelevant. Anders sieht es aus, wenn die Unternehmen es mit dem Kredithebel übertrieben haben und einen möglichen Zinsanstieg nicht aushalten, weil die Zinslast zu hoch wird. Anleger umgehen das Problem am besten, indem sie ausschließlich auf gering verschuldete Unternehmen setzen.

Wer abseits der Aktienmärkte nach Anlageideen sucht, wird von Zeit zu Zeit auch bei Unternehmensanleihen fündig. Aber auch hier gibt es Risiken. Denn wegen der niedrigen Zinsen und der hohen Nachfrage müssen Anleger auf der Ratingskala immer weiter nach unten steigen, um eine spürbar höhere Markrendite zu erlangen. Selbst bei den Hochzinsanleihen, früher Junk-Bonds genannt, ist in den USA die Rendite seit Beginn dieses Jahres wieder in Richtung von fünf Prozent gerutscht. Nach einer Währungsabsicherung bleibt von diesem Ertrag nicht viel übrig. Eine weitere Möglichkeit sind Schwellenländeranleihen, die einen beschaulichen Mehrertrag zur Marktrendite bieten. Allerdings machen Währungsschwankungen und politische Unsicherheiten sie nicht selten zu einem Wagnis.

Eine gute Lösung zur Risikodiversifikation bietet indes der Kauf von Fonds, ETFs oder Anlagezertifikaten. Zwar sind diese hinsichtlich anfallender Verwaltungsgebühren etwas teurer als Direktanlagen, allerdings sinkt das Risiko dank der breiteren Aufstellung. Viele dieser Anlagen bringen auch noch eine kleine Ausschüttung, sodass wenigstens der reale Erhalt des Anlagekapitals ein machbares Unterfangen darstellt.

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